(K)ein Lockmittel – die Dauerwelle ist mal wieder zurück!

Horrorbotschaft oder frohe Verkündung? Der Beauty-Kosmos steht seit einer Woche Kopf, Diskussionen um das Für und Wieder brennen lichterloh, ein gemeinsamer Konsens scheint momentan noch mehr als eine Haarlänge entfernt. Der Auslöser ist eine alte Dame mit Wicklern auf dem Kopf. Die Dauerwelle, Gruselfrisur der Achtziger und Neunziger feiert dieses Jahr ihren 100. Geburtstag und zeitgleich ein Revival. Girl please, erzähl‘ mir mal etwas Neues! Die Permanentbehandlung ist nämlich keine Dauerlösung. Alle drei Jahre holt sie tief Luft, um vereinzelten Köpfen und müdem Haar Leben einzuhauchen. Wer unaufmerksam war, dem wird entgangen sein, dass schon 2010 und 2013 die Sprache von der Wiederkehr der verlorenen Tochter war. Auch alle, die die Beauty-News aufmerksam verfolgten, haben diese Neuigkeiten verpasst. Sie mussten bis heute auf ein Wiedersehen warten. Trotz großer Skepsis ist die Aufregung ansteckend. Mir jucken die Finger. Soll ich’s wirklich machen oder lass ich’s lieber sein? Hallo Fettes Brot! Hallo 1996! Hallo Dauerwelle?


Banane aussehen oder wie Mica Arganaraz, ein dazwischen gibt es bei dieser Überwindungsfrisur glaube ich nicht. Träfe Letzteres ein, wäre ich selig und derart blond gelockt dem Himmel ganz nah. Im ersten Fall bliebe nur das Aussitzen, Rumheulen, in den Arsch treten oder Braids. Auch der Yellow Flicker Beat bringt mich in Stimmung und ich denke mir vielleicht gleich noch eine rote Tönung oben drauf? Was für Lorde gut ist, kann für mich ja nicht schlecht sein. Impulsive Gemüter und Spontanentscheider sollten dieser Tage die richtige Atemtechnik beherrschen und sich fragen, ob eine Dauerwelle wirklich die Antwort wäre. Eine Mögliche könnte hinterher nämlich auch Harry und Sally (zusammen) heißen. Ohne Höhe- dafür mit einem Style-Tiefpunkt. Für ein genaueres Meinungsbild habe ich eine Naturgelockte zurate gezogen, die eine vernichtende Prognose für die Entwicklung der Trendkurve der Dauerwelle zieht. Wie es ist permanent Locken zu haben, kann ich mir mit meinem Spaghettihaar nicht wirklich vorstellen. Ich weiß nur, das ich immer etwas anderes will, als den Status quo. Nach der Behandlung wünschte ich mir wieder glattes Haar, womit die ganze Aktion obsolet würde.

Fashionjournal.com hat mich vollends erleuchtet und Klarheit in meinem vernebelten Hirn geschaffen: “Please stop using curly hair as that horrible ‚before‘ photo and then referring to Blake Lively’s waves as curls.“ Eigentlich sehnen wir uns nach genau dem, was uns der Begriff verspricht. Dauerhafte Wellen, die beim Laufen das Gesicht umschmeicheln. Beach Waves, die jeden Tag perfekt liegen und uns eine casual yet sexy Ausstrahlung verleihen. Cindy Lauper ist hierbei sicher nicht die Inspiration. Kunstlöckchen und Vokuhila hatten ihre Berechtigung in den achtziger Jahren. 2016 frönen legere Wellen und Diffuserpracht dem immer noch angesagten Seventies Style. Wobei Schlag, Häkeloptik und Farrah Fawcett Vibes den Haartrend begünstigt haben. Fragt sich nur, wie lange die Siebziger noch herhalten müssen und ob sich die Locken ausgehängt haben, bis das nächste alte Modejahrzehnt zum Trend ausgerufen wird. Den veränderten Ansprüchen an Größe, Form und Haltbarkeit der chemischen Modifizierung werden innovative Techniken gerecht, die das Haar weniger strapazieren. Die Neuerungen versprechen im Prinzip Einiges und durchweg Positives. Bleibt zu klären, weshalb die Dauerwelle nach wie vor einen so ekelhaft-unsexy Beigeschmack hat.

Antiquierte Assoziationen des Begriffs der Dauerwelle projizieren Visionen von Kylie Minogues weichgespültem Wust der Eighties an unser inneres Auge – Loc(k)omotion ist der Sound, aus dem Albträume sind. She should be so lucky? Heute, aus der Retrospektive betrachtet, verstehen wir, warum sie es nicht war. Derart vorbelastet wird die Dauerwelle höchstwahrscheinlich nie ein kommerziell erfolgreiches Comeback feiern. 100 Jahre nach der Erfindung ist es an der Zeit dem Sorgenkind einen neuen Namen und ein neues Image zu geben. Wie soll sich die Dauerwelle in puncto Coolness behaupten, neben Beach Waves und Messy Buns? Ein Anglizismus könnte der Popularität fürs Erste auf die Sprünge helfen. Mein Problem bleibt: Machen oder nicht machen? Vielleicht werde ich eine zwei Pence Münze werfen. Strahlt mich die Queen an, lass ich’s wirklich lieber sein.

Credit: Sarah Thiele, The Original Copy