Das Problem mit der Pille: Wann ihr sie absetzen solltet. Und wann besser nicht.

Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie schwer es mir gefallen ist, diesen Artikel zu schreiben. Denn nachdem wir vor kurzem einen Artikel zum Ende meiner Teenager-Haut veröffentlichten – in dem auch die Pille eine entscheidende Rolle für die Verbesserung meiner Unreinheiten gespielt hat – haben wir interessierte Mails, aber auch kritische und leider auch tragische Geschichten über Thrombosen und Herzschäden von unseren Leserinnen erzählt bekommen. Wir haben uns sehr über den Austausch gefreut und haben seitdem mit Freundinnen und Leserinnen über dieses Thema gesprochen und viel erfahren. Darum war Swantje und mir es umso wichtiger, dass wir das ganze Thema genauer betrachten und den Ruf der Pille als „Allheilmittel gegen Frauenprobleme“ nachgehen möchten.

Denn als Teenager denkt man noch, die Pille gehört zum Erwachsenwerden dazu wie der Führerschein, das Ende der festen Zahnspange oder das erste Mal die Haare zu (ver-)färben. Nur allzu schön wurden einem die Vorteile der Pille aufgezählt: bessere Haut, größere Brüste, weniger Schmerzen während der Periode. Über Nebenwirkungen hat man als Jugendliche damals nicht nachgedacht. Den Beipackzettel lesen und sich Sorgen machen? Keine Spur. Denn wenn sie alle Freundinnen ebenfalls nehmen, dann kann ja nichts Schlimmes dabei sein – oder?

Nach ein paar Jahren, wenn man dann doch erwachsener und reflektierter wird, kommen die ersten Zweifel. Zeigt mein Körper mir, dass er die Hormone eigentlich gar nicht haben will? Ist es wirklich unbedenklich, dass wir jeden Tag diese kleine Hormonbombe schlucken? Können meine unberechenbaren Stimmungsschwankungen von der Pille kommen? Wie weiß ich, dass ich zur Risikogruppe gehöre und die Pille meiner Gesundheit schaden könnte? Gibt es Symptome? Und warum fühle ich manchmal diesen Weltschmerz und sehe alles so negativ? Ist das etwa eine Depression, die von der Pille kommt?

Obwohl wir alle interessierte und informierte Frauen sind, haben wir auch aus unserem Freundesumfeld keine Antworten auf diese Fragen bekommen – die uns wiederum von anderen auch sehr oft gestellt wurden. Darum haben wir mit einem Experten darüber gesprochen, was die Pille für Auswirkungen haben kann, welche Alternativen es gibt und wie man sich möglichst vor Risiken bewahren kann – nämlich indem man sich einen Frauenarzt sucht, dem man vertraut, der ein individuelles Risikoprofil erstellt (und nicht einfach nur leichtsinnig die Pille verschreibt) und mit dem man über Thromboserisiken spricht.

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Dr. Barske, Frauenarzt aus München,
hat uns Antworten gegeben:

Dr. Barske, wie entscheiden Sie, ob die Pille
verschrieben werden darf?

„Das kann man nicht verallgemeinern, sondern muss man bei jeder Patientin individuell entscheiden. Wenn eine gesunde junge Frau vor mir sitzt, die keine Thrombose-Risiken aufweist – also nicht im familiären Umfeld, sie hat außerdem keine Migräne, sie ist nicht übergewichtig und sie raucht nicht – dann verschreibe ich die Pille. Besonders wenn es um die Haut geht, würde ich eine Pille vorziehen statt Retinol-Säuren vom Dermatologen anzuwenden. Aber natürlich bringt die Pille Nebenwirkungen mit sich, die man beachten muss.“

Wie erstellen Sie so ein Risikoprofil?

„Es gibt Richtlinien der WHO, denen wir folgen. Das Alter spielt eine große Rolle sowie persönliche Risiken wie vor allem das Rauchen, z.B. wenn mehr als eine Zigarette auf einer Party geraucht wird, oder eben Migräne mit Aura oder Übergewicht – die als Ausschlusskriterien gelten. ‚Thrombophilie’ (medizinisch: die Neigung zur Bildung von Blutgerinnseln) kann vererbbar sein und das muss man unbedingt untersuchen. Da gibt es spezielle Anti-Baby-Pillen, die man in diesem Fall verschreiben kann, wenn man zur Risikogruppe gehört.

Und allgemein gilt: Das höchste Thromboserisiko hat eine Frau im ersten Jahr, wenn mit der Pilleneinnahme begonnen wird. Denn die Umstellung ist die Anstrengung für den Körper und da entstehen die größten Risiken. Deswegen sollte man, wenn man die Pille nimmt und aber gerade keine Verhütung benötigt da man zum Beispiel gerade keinen Freund hat, nicht mit der Einnahme aufhören und dann beim nächsten Freund wieder anfangen. Früher hat man dazu geraten, das ist aber heute widerlegt.“

Wenn ich die Pille nehme, woran erkenne ich, dass mein Körper die Pille nicht mehr verträgt? Gibt es Anzeichen?

„Nein. Es gibt keine bestimmte Frage, die ich stellen kann oder einen Blutwert, der mir sagt, dass die Patientin die Einnahme beenden soll. Es gibt aber Frauen, die sagen, dass sie unter der Pille eine schlechte Stimmung haben oder das prämenstruale Syndrom wieder stärker wird und sie sich nicht gut fühlt. Dann ist das natürlich eine Indikation, die Pille zu überdenken. Wichtig ist dabei auch die regelmäßige Kontrolle: alle sechs Monate einen Termin beim Frauenarzt wahrzunehmen ist daher empfehlenswert.“

Was ist eine Alternative zur Pille?
Und was ist besser für den Körper?

„Ring, Spritze oder Pflaster funktionieren alle gleich wie die Pille. Die einzige Alternative ist die Spirale. Da gibt es zwei Varianten: Für junge Frauen empfehle ich die Kupferspirale nicht, sondern eine Hormonspirale. Vor drei Jahren kam eine neue Spirale auf den Markt, die kleiner und niedriger dosiert ist und eine beachtenswerte Alternative mit wesentlich geringerem Nebenwirkungspotenzial und geringerem Thromboserisiko. Dabei hat sie aber natürlich auch nicht die positiven Nebenwirkungen wie beispielsweise den verbessernden Effekt auf die Haut.“


Ihr seht, ein Frauenarzt, der fundiert nachfragt und untersucht, ist die wichtigste Basis. Aber dennoch kann man so nicht alle Risiken – vor allem in Hinsicht auf Thrombose – ausschließen. Es ist wichtig, dass man die Pille nicht leichtfertig als bloßen „Schönmacher“ ansieht, die keine Nebenwirkungen mit sich bringt. Eine Leserin hat uns auf die Seite http://www.risiko-pille.de/ aufmerksam gemacht. Hier könnt ihr viele Schicksale und Erfahrungsberichte nachlesen, die andere Frauen gemacht haben und keine Einzelfälle sind. Sowie interessante Zahlen & Fakten und einen Kontakt zur Beratung.

Wir würden uns weiterhin über euer Feedback, eure Geschichten und eure individuellen Erfahrungswerte freuen. Schreibt uns gerne oder kommentiert – wir sind gespannt!