Aktuell sitze ich in meinem wunderschönen Zimmer im Hotel de Rome in Berlin, was Catrice Cosmetics mir freundlicherweise zur Fashion Week zur Verfügung gestellt hat. Dank der schönen Verbindung von Beauty und Mode, die bei Fashion Weeks ja irgendwie schon immer Hand in Hand geht, darf ich backstage auf die Finger der Stylisten und Make-up Artist schauen, zwei, drei Interviews führen und mich in die zweite, manchmal auch erste Reihe bei den Shows der deutschen Designer setzen, die hier zeigen. Am Ende entsteht daraus meist hilfreicher und interessanter Content für meinen Wochenrückblick und Make-up oder Haarstyling-bezogene Berichte, die sich komplett dem Thema BEAUTY widmen. Schließlich bin ich ja auch Beautybloggerin. Alles andere würde ja auch schlichtweg keinen Sinn machen.
Nun ja. Und nun sitze ich hier, während mein neonoranger Eyeliner noch trocknet, und kaue ein weiteres Mal seit Tagen auf diesen News herum, die mir einfach keine Ruhe lassen:
Erst war es Instagram, dann Vogue Online, die mir diese News zugespielt haben. Und ich kann nicht anders als seit der ersten Minute zu denken: Warum? Warum entscheidet sich eine reine Beautymarke wie MAC für eine (Fitness- und Fashion) Influencerin, deren letzter Beautyeintrag über ein halbes Jahr her ist? Die in ihren Instastories klar und deutlich betont, dass sie eigentlich keine Ahnung von Beauty hat und sich jeden Tag gleich schminkt? Sind wir wirklich in einem Influencer Zeitalter angekommen, in dem rein und kein Müh mehr als die Reichweite zählt?!
Bitte versteht mich nicht falsch: es geht mir hier nicht darum, auf einer durchaus erfolgreichen Influencerin namens Caro Daur herumzuhacken. Mein Brainbla hat nichts mit ihr als Person zu tun. Ich frage mich nur: wie weit sind wir gekommen, wenn Marken wie MAC, die einen ganz klaren Fokus auf Know-How und den künstlerischen Ansatz ihrer Brand legen, sich für Influencer entscheiden, die zwar grandiose Selfies schießen und unter jedem Foto mindestens 20.000 Likes versammeln, aber dir nicht mal erklären können, wie man einen Lippenstift anständig aufträgt? Die von Lip Scrubs, Linern und mattierenden Puder-Tricks nicht einen blassen haben?! Wie kann das sein?
Ich möchte noch einmal betonen: hier geht es nicht um Neid oder Missgunst. Ich kann ganz frei sagen, dass es da draußen mehrere Beautyblogger mit ordentlicher Reichweite gibt, denen ich es von Herzen gönnen würde, wenn sie ihre eigene Nuance für MAC kreieren dürften. Da gibt es zum Beispiel Farina von NovaLanaLove, die jede MAC Nuance beim Namen kennt und in ihrem Leben wahrscheinlich so viele MAC „Velvet Teddies“ auf ihren Lippen getragen hat, dass man vom Glauben abfallen würde, wenn man die reale Zahl erfahren würde. Dann gibt es da zig fantastische Beautyvlogger, reichweitenstarke Make-up Artists und auch Fashionblogger wie zum Beispiel die TeethAreJade Girls, die es durchaus schaffen ein gewisses Beauty Know-How mit ihrem Fashion Sense zu verbinden. Schlichtweg, weil das Thema Beauty sie interessiert und Beauty einen nicht ganz unbedeutenden Teil ihres Looks ausmacht. Ja, solche Girls gibt es da draußen in der deutschen Bloggerszene.
Mir geht es um etwas anderes. Und das frage ich mich tatsächlich schon länger: wann verstehen Marken es endlich, dass Reichweite nicht alles ist. Dass es einen gewissen Markenfit benötigt, den auch Leser gerne hätten. Eine sinnvolle Verbindung von Marke und Blogger, die Kooperationen nicht nur authentisch, sondern auch erfolgreich machen. Schaue ich mir die anderen Girls an, die für MAC eigene Nuancen kreieren, scheint das in anderen Ländern ganz gut zu funktionieren. So sind in England zum Beispiel FleurDeForce und Glamour Beauty Director Alex Steinherr mit dabei, die beide mehr als besessen vom Thema Kosmetik sind. Guter Match, wenn nicht sogar perfekt. Schade, dass wir das in diesem Fall in Deutschland nicht hinbekommen haben.
Vielleicht sei an dieser Stelle einfach nochmal ganz offen raus posaunt: die deutschen Mädels sind nicht dumm. Eine derartige Kollaboration bringt zwar einen kurzen Buzz – so viel ist sicher – und sorgt mit Sicherheit auch für gute Verkaufszahlen. Aber kluge und beautyinteressierte Verbraucherinnen, die ich zu meiner Leserschaft zählen darf und die auch noch andere Dinge zu tun haben, als jeden Tag stundenlang auf Insta abzuhängen, könnt ihr damit nicht begeistern. Und warum? Weil sie schlau genug sind, eine solche Kooperation zu hinterfragen. Weil sie – wenn sie einen Lippenstift einer Bloggerin kaufen – mehr wollen als ein paar schicke Fotos. Wie wäre es mit Service rund um das Produkt? Einem persönlichen How-to Guide, etwas mehr Geschichte und individuellem Input? Also mir reicht es zumindest nicht, was ihr da abgeliefert habt, MAC.
Vielleicht denkt ihr auch mal darüber nach, welche Zielgruppe ihr mit solchen Kooperationen erreicht. Ich lehne mich nun weit aus dem Fenster, aber wenn ich die Kommentare unter solchen Postings etwas durchstöbere, formt sich bei mir Kopf das Bild einer blutjungen, 14-jährigen Schülerin. O-Ton: „Oh Mausi, du siehst wundertoll aus ???“ – und die soll ihr Taschengeld nun für einen 22 € teuren Lippenstift ausgeben? Na, woher denn.
Ich weiß nicht wie ihr das seht, aber ich würde mir wünschen, dass Marken in Zukunft noch etwas genauer hinsehen, welchen Influencer sie sich an Bord holen. Die Recherche bzw. Auswahl solcher bedeutet nun mal mehr als eben die Insta-Followerzahl zu checken, dafür profitiert ihr als Marke aber sicher langfristig von sinnvollen Kooperationen, zu denen beide Seiten passen. Dann berichten Fashionblogger wieder über Mode und Beautyjunkies über die besten Make-up Looks. Ich bin mir sicher, der Plan geht auf. Vom Trend hin zu ‚Mikrobloggern‘ (was ist das für 1 Wort?!) mal ganz zu schweigen.