Von 90s SPIRIT und allen guten GEISTERN

Tribals, Arschgeweihe und Gelmatte – ich habe nach allen Regeln des schlechten Geschmacks gefeiert! Die 16 süß, die 30 dreckig, die 25 unsichtbar? Als Sandwichalter bildet sie die Mitte, jedoch nicht den Mittelpunkt. Das Vierteljahrhundert ist ein eher negativ konnotiertes Alter: Das Kollagenlevel geht runter und alles andere den Bach. Statt Umarmungen bekam ich an meinem Jahrestag einen festen Klopfer auf die Schulter. Spendable, nahestehende Verwandte gaben noch ein durch die Zähne gezogenes „tjaaaaaa…“ hinzu. Jetzt ist also alles schlimm und faltig. Dabei hatte es 1991 so vielversprechend begonnen. Ich brauche die Vibes meiner Kindheit. Mama in Platin mit Nasenring. Papa mit Vokuhila und auberginefarbenem Seidenblouson. Meine WG und ich spulen deshalb alles nochmal auf Anfang und zollen dem make-up-technisch wohl fragwürdigsten Jahrzehnt einen Partytribut. Bevor mich jetzt meine Drüsen im Stich lassen und ich mich in einen Hautsack verwandle, sage ich als feierwütiger Millennial: Hol‘ das Bodyglitterspray raus, kipp‘ Dir die Jello Shots in die Figur und klatsch Dir ’nen Glitzerbindi zwischen die Augen. So geht Kriegsbemalung auf Nineties und unsichtbar sicher anders!


Um es mit Charles und Eddies unsterblichen Worten zu sagen: Would I lie to you, baby? Nein, natürlich nicht! Bei Mottopartys setzt bei mir der Verstand aus. Die vergangenen letzten Wochen war ich daher geistig nur halb anwesend. Die andere Hälfte meines Hirns wühlte in Kindheitserinnerungen und Fotoalben, denn die gab es damals noch. Um meine Emotionalität bis auf das Limit zu pushen, lief William Shakespeares Romeo + Juliet in Dauerschleife. Neben dem absolut genialen Kostümbild stachen mir aber noch zwei weitere Dinge ins Auge. Strähnen. Präzise vom Scheitel abgeteilt hängen sie Claire Danes und Leo DiCaprio 130 Minuten im eigenen Gesicht sowie dem des anderen. 1996 waren diese voneinander getrennten Haarpartien das Einzige, das Capulets und Montagues verband. Und natürlich Liebe.

Von diesen zwei Verbündeten zu einem Paar, das in den neunziger Jahren geschiedene Wege ging. Ich hätte nie gedacht, dass meine Augenbrauen irgendwann wieder zusammenfinden würden. Messer, Gabel, Pinzette, Licht sind für kleine Kinder nicht, hätte einem im Kindergarten beigebracht werden sollen. Von dem Versuch mir selbst die Identität zu rauben, hatte ich als Achtjährige ziemlich genaue Vorstellungen. Schief und dünn wollte ich sie.

Als nur noch zwei Drittel der Brauen stand,
war das Werk vollbracht.

Eine Lasertherapie wäre ebenso effektiv gewesen. Erst siebzehn Jahre später ist von der Rodung nichts mehr zu sehen. Aber so war es eben, frag doch Drew Barrymore. Sie und Courtney Love hatten zwar keine Gesichtshaare mehr, aber wenigstens einander.

In den Neunzigern hat jeder sein Gegenstück gesucht und auch gefunden – was oftmals unangenehm für das Auge war. Auf die Netzhaut gebrannt hat sich Britneys und Justins Denim All Over Partnerlook (ok, streng genommen war das 2001, aber auch vorher waren die beiden schon im Uni-Look unterwegs) . Schlecht beraten wurde sie meines Erachtens auch bei der Wahl des perlmuttfarbenen Lippenstifts und des im Blitzlicht reflektierenden Concealers. In der Zeit, in der Brad Pitt und Gwyneth Paltrow noch zusammen waren und wie Geschwister aussahen, hatten sogar ihre Blocksträhnen Partner. Zusammen halb so doof aussehen bei doppelter Angriffsfläche. Diese Rechnung ging nicht auf.

Ich selbst habe mich nach einer Woche intensiven Einfühlens in die Materie für Crispy Hair entschieden. Nicht die gekreppte Variante, sondern crispy wie knusprig. Haarlack zu finden, der Helmfrisuren kreieren kann und die perfekte Außenwelle, so wie sie Gwen getragen hat, war schwer. Ich musste mit Haargel nachhelfen, das für mich persönlich irgendwann in den 2000ern mit dem Out-of-Bed-Look von der Bildfläche verschwand. Rein alibimäßig habe ich mich noch mit silbernen Klipphaarspangen dekoriert. Die steckten damals einfach vorne im Haar. Halten mussten sie nichts. Es gab ja keine Bewegung auf dem Kopf. Schwer getan habe ich mich bei der Wahl des Lippenstifts. MAC Whirl oder Viva Glam III? Ich konnte mich nicht entscheiden. Ein schneller Make-up Wechsel zwischen 00:30 und 00:45 Uhr war die Lösung – alles für den Look! Mit einer Ausnahme: Meine Augenbrauen blieben unberührt. In dieser Hinsicht hätte ich mir in der zweiten Klasse besser Brooke Shields zum Vorbild nehmen sollen. Sorry Drew!

Credit: Sarah Thiele