Powder Room Talk, was soll das bedeuten? Das soll heißen, dass es ab heute eine neue Beauty-Kolumne auf theOC gibt, die sich mit allerlei diversen Beautythemen beschäftigen wird. Aber damit noch nicht genug, denn das Besondere an dieser Kolumne ist, dass ich sie zusammen mit meiner Kollegin, Freundin und ebenbürtigen Beautyfanatikerin Karoline Herr von Frollein Herr (@frolleinherr) befülle! Wir haben zusammen beschlossen, Euch ab sofort mit unseren Sichtweisen zu unterschiedlichsten Beautythemen zu bereichern. Das war ehrlicherweise nur eine logische Konsequenz, denn bei jedem unserer Treffen philosophieren wir zu aktuellen Themen und Trends und haben schon länger überlegt, was beziehungsweise wie wir das Contenttechnisch zusammen bringen könnten. Nun ja, so ist nun diese neue, hoffentlich erfrischende Kolumne namens ‚Powder Room Talk‘ entstanden. Und die funktioniert dann so: Jede der kommenden Kolumnen wird sich einer konkreten Frage annehmen und unsere beiden Sichtweisen abbilden, die wir blind verfassen. Heißt also: keine von uns weiß, was die andere schreibt – bis kurz vor Veröffentlichung. Ihr bekommt hier also unsere ungeschönten, unabgesprochenen Gedankenergüsse, die euren Beautyhorizont – so zumindest unsere Hoffnung – erweitern, bereichern und zum Diskutieren anregen. Wenn ihr also Themenwünsche habt, mit denen wir uns auseinander setzen sollen, kommentiert hier gerne. Bis es soweit ist, stelle ich Euch aber heute erstmal die erste Frage vor, die wir uns gestellt haben:
Braucht man eigentlich wirklich Skincare für 500€?
Tja, das ist ein Thema, über das eigentlich nicht so oft gesprochen wird, wie man sich eigentlich vorstellen sollte. Luxury-Skincare-Brands bringen ihren neusten Coup auf den Markt, wir testen fleißig und geben unser Urteil ab. Aber wie sieht das eigentlich für jemanden aus, der nicht als Blogger oder Redakteur arbeitet? Ist der wirklich bereit so viel Geld für einen einzigen Tiegel auszugeben? Und wenn ja, wieso? Swantje und ich haben uns diese Frage separat voneinander gestellt und hier sind unsere Meinungen…
Swantje sagt:
500 €? Würde ich nie ausgeben!
Fakt ist: ich bin als hauptberufliche Beautybloggerin in der unfassbar glücklichen Situation, dass ich tagtäglich mit neu lancierten Produkten versorgt werde und von Marken auf Nachfrage auch oft gratis Produkte bekomme, wenn ich etwas Spezielles testen möchte. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ich so gut wie kein Geld für meine Beautyprodukte ausgebe. Ich sage hier absichtlich ‚fast kein‘ Geld, weil ich doch hin und wieder in Situationen komme, wo ich überlege: gebe ich mein Geld nun hierfür aus oder nicht? Das passiert beispielsweise, wenn ich im Ausland bin und in der Skincare Abteilung von Sephora komplett durchdrehe. Um mich selbst und meinen Geldbeutel zu schützen, versuche ich diese Momente jedoch so gut wie’s geht zu meiden.
Genau andersherum ging es mir neulich als ich in meinem Bad stand und einen geschenkten Creme Pot einer Luxus Pflegemarke öffnete. Als ich den Hochglanz- Tiegel von seinem aufwendigen Packaging befreit hatte und in den Händen hin und her kugelte, fragte ich mich wie viel diese 60ml Creme-Portion wohl regulär kosten würde? Ich öffnete Google, checkte den Preis und verlor beinahe das Bewusstsein: 520 Euronen! Ernsthaft?! Das zahlt jemand für eine Creme?
Natürlich stand ich in dieser Situation nicht vor einer Kaufentscheidung, aber dennoch konnte ich den Preis in den darauf folgenden Wochen nicht vergessen und fragte mich jeden Abend beim Auftragen der Luxustextur erneut: wäre mir eine bestimmte Pflege wirklich 500€ wert? Am Ende kam ich zu folgendem Entschluss: Nein, niemals, auf gar keinen Fall! Denn:
Kein Herstellungsprozess, keine Expertise und keine Inhaltsstoff rechtfertigen einen dermaßen überzogenen Preis für ein einziges Produkt.
Das weiß nicht nur ich durch meinen Blick hinter die Kulissen, sondern das findet auch jede Beauty interessierte Frau heraus, wenn sie sich fünf Minuten Zeit nimmt und ein paar Suchanfragen an Google stellt. Und apropos Google: schaut man sich auf dem digitalen Beautymarkt mal genauer um und browsed die ‚New In‘-Kategorien, dann wird auch relativ schnell klar, dass immer wieder neue Pflegeprodukte launchen die beweisen, dass es auch günstiger geht. Mein Lieblingsbeispiel des vergangenen Jahres ist hier auch die gehypte ‚The Cream‘ von Augustinus Bader. Hier treffen hochwertige Inhaltsstoffe auf Premium Packaging und jahrelange Expertise – und das für einen Preis von 225 €. Logisch, auch nicht wirklich ein Schnapper. Aber die Creme hat mich persönlich überzeugt und ich würde sie Leuten, die an Luxusprodukten interessiert sind, immer eher empfehlen als einen noch teureren Tiegel, in dem eine Marketing-Alge steckt.
Natürlich zahlt man auch bei Professor Bader einen gewissen Aufschlag für Marketing, Expertise und Co., aber der Preis ist dennoch vertretbar-‚er‘.
Ich habe dann weiter überlegt und mir verschiedene Fantasie-Szenarien vorgegaukelt: was wäre, wenn ich superreich wäre? Würde ich mir dann beispielsweise eine vierteilige Skincare-Routine für 2000€ zusammenstellen? Ich glaube nicht. Was wäre, wenn mir jemand jeden Monat 2000€ schenkt und ich es für Hautpflege ausgeben könnte: würde ich mir mit dieser Finanzspritze dann den Traum einer Luxushautpflege erfüllen? Kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ich kam zu dem Fazit: die einzigen beiden Situationen, in denen ich 500 Euro für eine Pflege ausgeben würde, wären folgende. Das erste Szenario, das ich mir vorstellen könnte, wäre wenn ich eine Hautkrankheit wie Rosacea, Neurodermitis oder Periorale Dermatitis hätte, nichts anderes mehr wirken würde und das Produkt dieses Problem nachweislich beheben würde. Das zweite Szenario wäre, wenn sie einen einzigartigen, sichtbaren Benefit für meine Haut liefern könnte. Das wären dann Effekte wie Pigmentflecken über Nacht komplett ausradieren oder Falten wirklich vollständig glätten. Da wir von dieser Pflegepower bis dato aber ja definitiv noch meilenweit entfernt sind und ich Himmel sei Dank an keiner Hautkrankheit leide, greife ich weiterhin zu günstigeren, aber dennoch leistungsstarken Produkten, die mir meine Haut auch schön pflegen.
Für mich entscheidet am Ende eben gerade dieser Vergleich: solange es preiswertere Alternativen gibt, die sich mit meiner Haut vertragen und mir eine sichtbar schöne wie gut gepflegte Haut schenken, sehe ich einfach keinen Grund, mein Geld für derart hochpreisige Produkte auszugeben. Die übrig gebliebenen 400 € gebe ich dann lieber für einen Wochenend-Trip aus. Die Erinnerungen daran bleiben mir nämlich tatsächlich für immer im Kopf und gehen mir im besten Fall wahrhaftig unter die Haut.
Karo sagt:
Also brauchen tut man Skincare für hunderte von Euro definitiv nicht. So viel steht schon mal fest.
Es geht doch eher darum, ob man 1. dazu bereit ist, so viel Geld für Pflege auszugeben und 2. es überhaupt kann. Wenn 2. erfüllt ist, finde ich persönlich, dass jeder für sich (und seine Haut) entscheiden muss, bei welcher Marke er sich am besten aufgehoben fühlt. Es ist doch so: Mit einem neuen Tiegelchen kaufen wir nicht nur die Creme an sich ein, sondern auch einen Lifestyle.
Packaging, Branding, Markenidentität – all das ist in Sachen Beauty nicht von der Hand zu weisen.
Ich selbst kann mich bei besten Willen nicht zum Verwenden von Produkten durchringen, die mir optisch und markentechnisch so gar nicht zusagen. Aber genau das ist doch das Großartige am Beautymarkt. Für jeden Geschmack und jedes Budget gibt es die passende Brand und das passende Produkt. Der eine sucht Naturkosmetik, der andere minimalistische Inhaltsstoffe, der dritte hat eine Problemhaut mit besonderen Ansprüchen – wer suchet, der findet.
Aber um mal auf die 500€ Creme zurückzukommen: Ob ein Produkt für so viel Geld wirklich auch so viel besser ist, kann und will ich nicht beurteilen. Schließlich müsste man dafür eine komplett unabhängige Studie durchführen, die es im Beautymarkt leider nicht geben wird, da die meisten Studien nur von Markenseite in Auftrag gegeben werden.
In besagten Cremes mag dann ein spezielles Kraut vom Ende der Welt drin sein, das nur einmal im Jahr und nur bei Vollmond geerntet werden kann oder weiß der Geier was sonst. Das ist für mich auch gar nicht so ausschlaggebend.
Denn: Die Brands, von denen wir hier sprechen, sei es nun La Prairie, Valmont oder Dior Prestige, richten sich an eine ganz bestimmte Käufergruppe und die suchen exakt das. Das ist einfach eine Marketingstrategie, die meiner Meinung nach völlig legitim ist. Super hochpreisige Produkte aus diesem Segment richten sich meist an eine ältere Zielgruppe, deren Haut nicht nur andere needs hat, als meine oder wahrscheinlich auch Eure, sondern die mit dem Tiegel für 500€ auch noch einen Lifestyle, einen Luxus einkaufen wollen und die sich gar nicht fragen, ob es das jetzt tatsächlich braucht.
Wenn man mich fragt, ob ich wirklich die hundertste Muschelvase oder die dreißigsten weißen Sneaker brauche, lautet meine Antwort darauf schließlich auch: „Nein, ich brauche sie nicht. Aber ich will sie!“
Und das reicht für mich persönlich als Antwort auch schon aus. Wenn ich mir also irgendwann ü50 einen Tiegel für 500€ kaufen möchte, weil er mich (im besten Fall) nicht nur schöner, sondern auch glücklicher macht, dann soll es so sein. Schlussendlich geht es um Prioritäten und needs. Und die erkennt die Beautyindustrie nur zu gut.
Wenn wir uns dann also einreden lassen wollen (!), dass das Kraut vom Ende der Welt, das man nur einmal im Jahr bei Vollmond ernten kann, uns tatsächlich schöner und glücklicher macht, dann ist das in meinen Augen völlig fine. So wie die hundertste Muschelvase.