Irgendwo- und wann zwischen Ringelblumenextrakt und „natürlich schön“ ist Naturkosmetik cool geworden. Spätestens seit Brands wie Herbivore Botanicals hat sich die Schwester der konventionellen Kosmetik von ihrem angestaubten Image befreit. Vergessen sind Patchouli und No-Make-up Diktate. Das hässliche Entlein ist zu einem Schwan geworden. Aber ist das wirklich so? Täuscht die Hülle vielleicht nur über den Inhalt hinweg? Hand aufs Herz: Wer kennt sich mit Inhaltsstoffen aus? Wer kennt die Unterschiede zwischen verschiedenen Zertifizierungen? Ist natural gleich bio? Organic gleich natürlich? In meinen Recherchen nach neuen, innovativen Marken, die mir persönlich einen Mehrwert geben, bin ich immer wieder über Begriffe gestoßen wie „cruelty free“, „vegan“, „all natural“, „gluten-free“. Schlagworte, die blenden und für mich über jeden Zweifel erhaben waren. Letztlich musste ich aber doch feststellen, dass ich keine Ahnung von dem hatte, was wirklich in den Tiegeln und Flaschen ist, die in meinem Regal ihren Platz gefunden haben. Deshalb fing ich an mich genauer mit der Materie auseinanderzusetzen. Schnell kam ich vom Hundertsten ins Tausendste. Ich eine Außenstehende, die den Weg nicht hinein fand. So kam es, dass ich mich zum diesjährigen NaturkosmetikCamp angemeldet habe, um wirkliche Insights zu erhalten. Irgendwo muss man ja anfangen – warum also nicht im Allgäu?
Das NaturkosmetikCamp fand in diesem Jahr zum vierten Mal statt. Das Motto „Pioniere wahrer Schönheit“ erschien mir dabei besonders spannend. Unter den 130 Teilnehmern waren Gründer altbewährter Marken wie Primavera oder Dr. Bronners aber auch die Jungs der Brooklyn Soap Company sowie UND GRETEL Gründerin Christina Roth. Jahrzehntelange Erfahrung traf also auf frische, motivierte Innovationsgedanken. Aus dieser Konstellation ergaben sich super spannende Diskussionen, wertvolle Erkenntnisse und für mich als Neuling manchmal etwas zu tiefer Input.
Den Begriff „endokrine Disruptoren“ vergesse ich mein Leben lang nicht, was er bedeutet werde ich allerdings auch nie erfahren. Zwischen all den wissend nickenden Köpfen habe ich mich nicht getraut zu fragen, worum es sich dabei handelt. Hust.
Aber nochmal alles auf Anfang. Das Camp findet einmal jährlich statt. Herzlich willkommen sind alle Naturkosmetikbegeisterten und all diejenigen, die neugierig sind und so wie ich einen Einstieg in dieses Thema suchen. Als „Laie“ sage ich jetzt mal, trifft man dort auf Leute aus dem Handel, der Werbung, dem Marketing sowie Gründer, Blogger und viele mehr. Die Mischung macht’s? Hier auf jeden Fall. Jeder hat im Vorfeld die Möglichkeit Themen einzureichen, die am ersten Tag des Camps gewählt werden. An zwei Folgetagen, werden diese dann in den Vorträgen kontrovers diskutiert. Neben diesen Blöcken gab es aber auch ein für mich als Norddeutsche zünftiges Rahmenprogramm, das alle Teilnehmer immer wieder zusammengebracht hat. Ich muss sagen, dass für mich in diesen eher privaten Runden die spannendsten Gespräche zustande kamen, da ich mich dort ganz offiziell als Naturkosmetik-Dummie outen konnte. Dabei hat man als Outsider die Möglichkeit Fragen zu stellen, die man schon immer stellen wollte. Dafür finde ich das Camp toll.
Was mir besonders im Kopf geblieben ist, ist ein Vortrag, der im eigentlichen Sinn nichts mit Naturkosmetik zu tun hatte. Die Referentin Sonja Schiff rührte die Anwesenden mit Auszügen aus ihrem Buch „10 Dinge, die ich von alten Menschen über das Leben lernte“ buchstäblich zu Tränen. Mit Erzählungen von sehr persönlichen Begegnungen, die sie in den 27 Jahren ihrer Tätigkeit als Altenpflegerin machte, brachte sie einen ganzen Saal zum Schweigen. Dabei schöpfte sie aus Weisheiten alter Menschen, die auf ein ganzes gelebtes Leben zurückblickten sowie auf ihr schrumpeliges Äußeres.
Die Quintessenz: Am Ende wird alles gut. Mir liefen die Tränen, meine Nachbarin war völlig aufgelöst und wir alle blickten beschämt auf die Bilder 100 Jahre alter Menschen, die an die Wand projiziert wurden. Es war einer dieser seltenen Momente, in denen einem die wirklich wichtigen Dinge im Leben wieder ins Gedächtnis gerufen wurden. Mit Standing Ovations endete Sonja Schiffs Beitrag zum Camp. Ich muss wirklich sagen, dass ich sehr dankbar bin dieser tollen Frau begegnet zu sein. Und genau dafür steht das Naturkosmetikcamp in meinen Augen. Für Begegnungen mit interessanten Menschen, neuen Ansätzen und spannenden Erkenntnissen.
Wer sich also für Naturkosmetik interessiert und einen Einstieg in das Thema sucht oder bereits erfahren auf diesem Gebiet ist, wird sich beim diesem Camp gut aufgehoben fühlen. Die Anmeldungen für das nächste Jahr sind ab 01. Februar 2018 möglich. Das Camp an sich wird wieder im Juni stattfinden – dieses Mal nicht im bezaubernden Allgäu, sondern im Landgut Stober in Berlin-Brandenburg. Bei Fragen rund um das Camp könnt ihr euch auf der Homepage informieren oder natürlich gerne eure Fragen an mich direkt richten.