Die letzten Tage sind alle Blogs und Mediaseiten voll von einem Thema: Social Media is Not Real Life! Jahaaaa, ich weiß, Überraschung! Die Bilder auf Insta & Co. sind gar nicht echt bzw. sind in echt viel unglamouröser als angenommen. Tja, wer hätt’s gedacht! Trotz der Tatsache, dass dieser Aufschrei eigentlich nichts Neues ist, sondern lediglich echte Fakten nennt (die jedes logisch tickende Hirn längst hätte verstehen müssen), finde ich ihn trotzdem wichtig. Denn er gibt dem ganzen Fake-Dinges, was auf den Social Media Plattformen auch hinsichtlich dem Topic Beauty stattfindet, noch mehr Mediapower und ist für mich das i-Tüpfelchen auf dem Gedankenberg, der sich seit ein paar Monaten bei mir angehäuft hat.
Mädels, Hand auf’s Herz: wie viel Zeit verbringt ihr damit, Fotos für Social Media Kanäle zu photoshoppen, Filter wie Valencia oder Moon darüber zu layern und hier und da noch etwas zu tunen? Ich kann euch meine Antwort auf diese Frage mal direkt straight vor’n Latz knallen: Z-E-R-O! Heißt im Klartext: ich verzichte in letzter Zeit bewusst auf Bildbearbeitung oder Filter.
Wie vielleicht einige von euch wissen, war ich vor dem Blogger-Dasein im Beautyressort eines Magazins. Im Print-Business ist es selbstverständlich, dass Bilder von Frauen – egal ob Model oder Mutter – nach den Produktionen per Photoshop zur Perfektion getrimmt werden. Sogar Aufnahmen für Geschichten, deren Headlines wie „Frauen aus dem echten Leben“ uns vermeintlich denken lassen, dass hier wirklich die Nachbarin oder Kindergärtnerin von nebenan portraitiert wird, werden nach dem Shoot dann doch noch hier und da optimiert.
„So können wir die doch nicht zeigen!
Mach mal hier noch die Falte weg.“
Wie die Wahrheit doch so oft verfälscht wird. Und wir machen’s einfach mit. Kaufen Magazine, shoppen Lippenstifte von prallen Werbe-Lippen und lassen uns vom Superbabe mit glowy Skin und den besten Beach Waves aller Zeiten zum Sea Salt Spray verleiten, dass uns schon beim ersten Nachmachversuch maßlos enttäuschen wird. Wen wundert’s. Das Model hat sich für die Aufnahmen ja auch wirklich einen Tag lang in den Badewannenwogen auf St. Barth gewälzt. Von einer Zaubertinktur, abgefüllt im Plastikfläschchen, war da aber weit und breit keine Spur. Dass hier soll kein Schlag gegen Magazine oder Werbung im Allgemeinen sein, versteht mich nicht falsch. Ich bin es nur so satt, dass mich ständig und überall diese glattgebügelten, unechten Gesichter anschauen.
Als ich vor fast genau sechs Monaten mit dem Bloggen begann, habe ich mich in das Thema Fotografie, Social Media oder Apps zur Bildbearbeitung eingearbeitet und bin bei meinen Vorbereitungen immer wieder auf Videos gestoßen, in denen Beautyblogger minutenlang erklären, mit welcher App sie Falten retuschieren, Zähne bleachen oder abstehende Härchen wegstempeln. Teaser für die nächsten Videos waren schon voll mit dem gleichen Quatsch: „How to make your selfies more instagrammable with only 5 Apps“. Geil. Eine Anleitung, wie ich 28 Minuten meines Lebens damit verschwenden kann, ein Foto für Instagram vorzubereiten, wobei sich das ganze Prozedere ja mindestens einmal täglich wiederholen darf.
An instagram a day – und so weiter.
Dass hier teilweise zig verschiedene Apps im Dauereinsatz sind, um Gesichter zu optimieren, ist für mich nicht nur Zeitverschwendung, sondern auch einfach nur dumm. Ich weiß genau, wie ich kopfschüttelnd da saß und nicht glauben konnte, wie diese Apps dazu benutzt werden uns in die Irre zu führen. Und das tue ich auch heute noch. Besonders bewegen mich heute Posts von Beautybloggerinnen, die so stark retuschiert sind, dass die angepriesene Foundation dank Blur-Filter eigentlich gar nicht mehr zu erkennen ist. Und ich kann euch soviel sagen: viele ach so hübsche Bloggerinnen sind in Persona meilenweit von der Schönheit entfernt, die sie auf Insta & Co. zeigen.
Ich weiß, ich bin gesegnet mit schöner Haut und einem relativ ansehnlichen Gesicht, womit ich mich wirklich glücklich schätzen kann. Das mag der ein oder andere arrogant finden. Ich finde: ich bin nur ehrlich. Denn ich hab leicht reden, auf Filter und Photoshop verzichten zu können, wenn weder Riesen Poren noch Akne mein Gesicht „entstellen“. Die Sache ist aber doch folgende: wenn ich nicht zeige, wie eine Foundation meine Haut „in echt“ abdeckt oder eine Lidschattenfarbe in natura aussieht, was ist dann der Sinn des Beautybloggens? Ich will kein Beautyblogger sein, der Produkte nur in die Kamera hält, weil ihn irgendeine Firma dafür bezahlt hat. Klar, wenn ich mich damit identifiziere und die Produkte eine tolle Wirkung haben, dann schreibe ich auch darüber. Weil ich in echt davon überzeugt bin, weil ich meine Festanstellung aufgegeben habe, um hier über wahre Beautystories zu schreiben und mich auch finanzieren muss. Das Prinzip, wie Blogs funktionieren, hat heutzutage glaube ich auch der letzte Leser verstanden.
Ich habe nichts dagegen, dass man anstelle seiner Makel seine Schokoladenseite in die Kamera hält, absolut nicht. Auch kann man hier und da mal einen Pickel wegstempeln, das ist der Luxus des Jahres 2015. Aber Facetune & Co. gehen doch einfach zu weit. Sie machen Selfies zu Beautyposts, auf denen Wonder-Foundations, XL-Wimpern und 48h anhaltende Super-Lidschatten präsentiert werden, die aufwendig bearbeitet wurden und am Ende eigentlich nicht mehr das echte Ergebnis zeigen. Wozu bloggen wir, Beautygirls? Das hat mit Schönheit im echten Leben nichts mehr zu tun.
Ich denke, dass eine echte, ehrliche Meinung gerade im Beautybusiness die Zukunft ist. Dass ihr größtenteils genauso denkt, zeigt ihr mir nicht nur durch eure Kommentare, Emails und Klicks, sondern das spielen mir auch die Firmen zurück. Was bringt es auch, hier weit und breit Produkte anzupreisen, die sich dann einige von euch nachkaufen und total unzufrieden damit sind. Davon hat am Ende niemand was. Weder ihr, noch ich, noch die Labels.
Und dasselbe gilt doch auch für Beautybilder auf Blogs und in sozialen Netzwerken. Jede Bearbeitung ruiniert doch im Grunde nur eure wahre Schönheit bzw. euren realen Look, für den ihr im Supermarkt vor fünf Minuten noch ein echtes Kompliment eingeheimst habt. Und zwar, weil ihr in den Augen eines anderen, der mal kurz seine Arschbacken zusammengekniffen hat, richtig gut ausgesehen habt. Das muss doch, wenn man sich mal ein paar Sekunden Zeit nimmt für diesen Gedanken, viel mehr wert sein als ein beschissenes Like. So geht es mir zumindest.
Klar, man kann hier an jeder Ecke und jedem Satz noch hundert Worte mehr dazu verlieren. Und das ein oder andere Argument meinerseits mit Sicherheit in tausend Teile zerpflücken und weiter- oder andersdenken. Aber ich musste mir hier mal eben was von der Seele schreiben, weil ich der festen Überzeugung bin, dass Ehrlichkeit die Grundlage meines Berufs ist und ich nur überleben kann, wenn ich mir diese Authentizität bewahre. Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber ich bin stark für mehr #nofilter #nophotoshop und definitiv mehr #RLBeauty.
S.