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    Categories: Feelings

POWDER ROOM TALK Volume 2: Sind die Social-Media-Hype-Brands ihr Geld wert?

Glossier, Summer Fridays, Huda Beauty – das alles sind klassische Social Media Beautybrands, die es ohne Instagram & Co. nicht geben würde. Gegründet von Beautybloggern namens Emily Weiss, Huda Katan oder Marianna Hewitt, die das direkte Feedback ihrer Follower ausgewertet und in Produkte transformiert haben und daraus weltweit agierende und sehr erfolgreiche Marken gemacht haben. Am Ende bleibt aber die Frage: ist das alles nur ‚hot fuzz‘ oder sind die Produkte der Marken wirklich ihr Geld wert?! Karo und ich haben da so unsere Meinungen, die wir – wie immer in dieser Kolumne – blind verfasst und uns kurz vor Veröffentlichung erst gegenseitig zugeschickt haben.

Swantje sagt:

Oftmals bekomme ich Neulancierungen großer Beautymarken zugeschickt, die ich schon nach sehr kurzem Begutachten für sehr spannend halte. Da lockt mich das glitzernde Finish des neuesten Lidschattens, das Versprechen der neuen Maske mit revolutionären Inhaltsstoffen oder es ist das Model, das mich persönlich total abholt. Dann gebe ich dem hoch angepriesenen Produkt sofort freudig eine Chance, bin aber oftmals nach dem ersten Ausprobieren schon so enttäuscht vom Finish oder der Praktikabilität, dass ich mich erneut dabei erwische wie ich denke: „Schade eigentlich! Der Gedanke hinter dem Produkt war so gut, die Umsetzung leider nix.“ Oft frage ich mich dann auch, wie der Entwicklungsprozess innerhalb dieser Marke dann wohl lief und warum am Ende dann so ein Mist dabei herausgekommen ist. Die einzige logische Antwort, die ich mir dann zurecht reime ist, dass zu weit weg vom Konsumenten entwickelt wurde oder zu viele Personen im Entwicklungsprozess herumgepfuscht haben. Im Austausch mit Marken habe ich dann auch schon mehrmals mitbekommen, wie für ein Produkt aufwendig Marktforschung betrieben wird und ich mich frage: wen zum Henker haben die denn bitte gefragt?! Das kann doch niemand für gut befunden haben?

Für mich ist das genau der springende Punkt, den sich Social Media Marken zu Nutze gemacht haben. Sie haben die richtigen Personen gefragt – nämlich die tatsächlichen Verbraucher und Käufer!

Und dafür braucht es natürlich vor allem eins: den direkten Draht zur Crowd! Wer als Marke das große Glück (oder auch eine gut durchdachte Strategie) besitzt, einen regen Austausch mit den Konsumenten zu haben, der kann all die Daten in Form von Feedback, Wünschen und Ideen auswerten und darauf basierend Produkte entwickeln. Und genau dieser Draht fehlt vielen alteingesessenen Marken! Wie soll es ein Shiseido beispielsweise schaffen, aus dem Nichts mit seinen Käufern auf der Unternehmenswebsite in direkten Kontakt zu treten, wie es ein Into The Gloss bzw. Glossier oder eine Huda Kattan schaffen?! Es ist in meinen Augen schon fast ein Ding der Unmöglichkeit, Käufer zu authentischen Produktbewertungen in Onlineshops zu bekommen, wie soll man die Leute dann erst auf den eigenen Kanälen, die oftmals auch super werblich und unpersönlich sind, dazu bringen in einen konstruktiven Austausch zu treten?! Was den Marken durch diese fehlende Schnittstelle verloren geht, ist super schwer auszugleichen und verschafft Social Media Brands einen massiven Vorsprung. Sie haben nicht nur schnelleren und auch kostengünstigeren und ungeschönten Zugang zum Kunden, sondern besitzen das ausgewertete Wissen auch ganz alleine. Sie können die Kundenwünsche filtern, bündeln und sie mit ihrem Know-How in neue Produkte verpacken.

Bis die großen Player darauf reagiert haben, sind die digitalen Marken schon beim nächsten Clou.

So, und um nun auf die oben gestellte Frage zurückzukommen: Ja, meistens sind die Social Media Marken ihr Geld wert! Ich sage meistens, weil auch die sich natürlich mal einen Fehltritt erlauben oder Produkte nicht ganz rund sind, aber im Großen und Ganzen erfüllen deren Produkte einfach mehr die Wünsche des Endverbrauchers. Der Erfolg von Glossier oder auch Summer Fridays zeigt ganz klar, wie schlau die Köpfe dahinter all das digitale Feedback ausgewertet haben und in gut konzipierte und sehr populäre Produkte gesteckt haben. Ich habe mal einen Artikel über Glossier gelesen, in dem Emily Weiss die Idee hinter Glossier erklärte. Er war ziemlich klar: die Mädels da draußen wünschten sich eine einfach, millenial-pinke Beautymarke mit einem übersichtlichen Produktportfolio und einfach anzuwendenden Produkten im mittleren Preissegment.

Die Produkte wurden vor ihrem Launch sogar auf ihre Instagram-Praktikabilität getestet. Dabei kam heraus: das Packaging war so gut, dass jeder Konsument – egal wie schlecht die Kamera oder wie dunkel das Licht – die Glossierprodukte einigermaßen hübsch fotografieren konnte.

Stellt man ein übliches Pflegeprodukt daneben, wird relativ schnell klar was damit gemeint ist. Am Ende führte dieses Konzept zu sehr großem Erfolg, denn die Produkte werden durch ihr ansprechendes, aber einfaches Design tausende Male fotografiert, geteilt und arbeiten so quasi ‚umsonst‘ für die Marke mit. Den Erfolg dieser Strategie sieht man auch an Marken wie Gisou, der Haarpflegemarke von Mega-Influencerin Negin Mirsalehi. Ihre Follower wünschten sich Haarpflege, die ihnen genau so umwerfende, glätzende Haare wie die ihres Vorbilds schenken würde – und schwupps, das hübsche, cleane, aber effektive Gisou war geboren.

© theOC

Es ist also klar: wer einen so direkten Zugang zu potenziellen Käufern hat, der kann diesen für perfekt konzeptionierte Produkte nutzen, die den Nerv meist besser treffen als andere. Daten, das ist hier wohl das entscheidende Stichwort, das am Ende den Unterschied macht. Ich für mich finde nicht alle Produkte von Social Media Brands toll, aber einen Großteil davon. So liebe ich die ‚Jetlag Mask‘ von Summer Fridays‘ (ca. 40 €), die ‚Ruby Obsessions‘ Palette von Huda Beauty (ca. 23 €) und auch mein ganz neu eingetroffenes ‚Glitter Gelée‘ von Glossier Play (ca. 14 €) für ihre Top-Perfomances. Gerade der neueste Glossier Clou namens ‚Glitter Gelée‘ veranschaulicht übrigens nochmal sehr deutlich, was die direkte Kundenbindung ausmacht: die Glitzerpartikel des neuesten Produkts bemängelte ein Großteil der Käufer direkt ab Launchdate, da sie nicht biologisch abbaubar sind. Glossier kündigte hierauf an, die Formulierung anzupassen. So schnell hätte kein Großkonzern jemals Feedback einsammeln und reagieren können, da bin ich mir ziemlich sicher.

Diese direkte Art des Miteinanders zwischen Marke und Konsument ist in meinen Augen das größte Gut auf dem heutigen Beautymarkt, woraus Produkte zunächst entstehen und sich dann auch weiterentwickeln können – bis das Produkt die Ansprüche des Kunden eben in vollem Umfang bedient.

In Sachen Vermarktung sind die Social Media Brands den Dinosauriern des Beauty Business ebenfalls mehrere Schritte voraus, denn sie werben vor allem da, wo die Kunden sind: auf Instagram, Snapchat und Co – und das vielmals nicht mit der alteingesessenen Optik tot retuschierter Werbekampagnen, sondern mit echten, natürlicheren Frauen in modernem Look, mit denen sich die Käuferinnen besser identifizieren können. In Summe katapultiert das die Digitalbrands meilenweit voraus, was gerade in den letzten Jahren zu einer deutlichen Verschiebung der Big Player gesorgt hat. So zumindest meine Wahrnehmung.

Zum Schluss bleibt mir nicht mehr viel zu sagen außer: ja, Social Media Brands sind oftmals ihr Geld wert. Dennoch gilt es auch hier mal die INCI-Liste zu checken, den eigenen Bedarf zu hinterfragen, sich vom Hype nicht blind hinreissen zu lassen und Produktlaunches kurz mal sacken zu lassen wie bei anderen Marken eben auch. Denn auch hier gibt es schwarze Schafe, die vom Hype anderer profitieren wollen, oder Produkte, die nicht funktionieren werden.

Lasst Euch nicht komplett blenden, aber in meinen Augen sind Social Media Marken dank ihrer andersartigen Herangehensweise und ihrem Daten-Background sehr vielversprechend und ihre Produkte oftmals ihr Geld wert!

Karo sagt:

So viel schon mal vorweg: Ja, ich bin ein komplettes Marketingopfer.

An mir könnte man hervorragend Werbestrategien testen, weil ich auf gute Kampagnen, clevere Slogans und witzige Spots anspringe wie keine Zweite. Es muss nur jemand die Melodien der Jingles von Zott Sahnejoghurt oder den Rügenwalder Mühle-Song summen und schon habe ich Lust auf Joghurt mit Leberwurst. Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass mich auch über Social Media die ein oder andere Brand in ihren Bann gezogen hat. Ganz vorne mit dabei: Die Mutter aller Hype-Brands Glossier.

Geniales Produktdesign, cooles Konzept und Werbung, die weniger wie Werbung und mehr wie Empfehlung wirkt – Hut ab, Emily Weiss! Wie keine Zweite hat die Beauty-Bloggerin verstanden, dass Vermarktung die halbe Miete ist und aus ihrer Zeit als Redakteurin und dem engen Kontakt zu ihren Lesern, needs erkannt, verstanden und umgesetzt.

Und genau hier liegt der Hype um Social Media Brands wie Glossier begründet: Statt einfach nur Produkte auf den Markt zu werfen, die in Vorstandssitzungen und Labors entwickelt wurden, hört man hier seiner Zielgruppe zu, trifft sie da, wo sie unterwegs sind (in den sozialen Medien) und gibt ihnen das, was sie sich wünschen: Eine very instagrammable brand.

Und JA, das ist verdammt nochmal wichtig.

Die Zeiten haben sich einfach geändert und heute reicht es nicht mehr aus eine coole Printkampagne zu machen – da muss auf 360° einfach alles stimmen. So eben auch auf den sozialen Kanälen. Es gibt immer noch so viele Brands, die keiner auf einem Bad-Selfie zeigen möchte – und das nicht, weil sie schlecht sind, sondern weil sie (naja) nicht so schön aussehen. Und das ist nun mal irgendwie die Grundlage für eine Social Media Strategie, oder?

Trotzdem darf die Performance natürlich nicht zu kurz kommen – das ist ganz klar. Und genau darum soll es ja heute gehen: Was können die hübschen instagrammable brands eigentlich noch ausser gut auszusehen?

Also ich für meinen Teil muss sagen, dass ich bei dem Aufwand, der manchmal betrieben werden muss, um an die Produkte überhaupt erst ranzukommen (btw: fährt irgendwer demnächst in die USA?), dann doch recht wählerisch bin. Von Drunk Elephant bis Fenty Beauty gibt es so viele Brands, die ich bisher noch gar nicht getestet habe, aber auch ein paar, hinter denen ich komplett stehe. Ganz vorne mit dabei ist Gisou.

© FrolleinHerr

Die Haircare Brand der Influencerin Negin Mirsalehi sieht nämlich tatsächlich nicht nur schön aus, sondern liefert auch ab. Das mag vielleicht an der (noch) recht kleinen Range liegen, bei der wirklich jedes einzelne Produkt überzeugt. Was aber passiert, wenn es immer mehr und mehr Launches gibt und der Glossier-Effekt einsetzt?

Denn: Um ehrlich zu sein, hat der Glossier-Hype für mich definitiv nachgelassen und das, obwohl die Produkte noch nicht mal in Deutschland erhältlich sind. Irgendwann wurde mir der schwierige Zugang, die vielen neuen Produkte und die künstliche Verknappung dann doch ein wenig umständlich und ich habe mir kein Bein mehr ausgerissen, um an die Sachen zu kommen. Das Fazit zu den Produkten, die ich bisher getestet habe:

Es gibt sehr gute und weniger gute Produkte. So wie überall!

Meiner Meinung nach liegen die Entwickler der Hype-Produkte in Sachen Performance genauso oft richtig, aber auch daneben, wie viele andere Marken. Trotzdem weiß ich es als Konsument sehr zu schätzen, wenn sich eine Brand Mühe macht ihre Zielgruppe zu verstehen, ästhetische Produkte entwickelt und Überraschungen parat hält. Sonst wäre das ganze Beauty-Biz doch auch ein ganzes Stück langweiliger, oder?

Meine Meinung zu Hype-Brands ist also: Bitte mehr Ideen, Kreativität und Überraschung – aber vergesst dabei nicht, dass Beautyprodukte eben auch einfach zum Benutzen da sind. Wir müssen sie also irgendwo kaufen können, ohne um die halbe Welt zu reisen und sie müssen liefern:

Als Bad-Deko ist der ganze Spaß dann doch ein wenig zu teuer!

© theOC/FrolleinHerr
Alle genannten Produkte sind ohne Bezahlung und aufgrund meiner persönlichen Überzeugung des Produkt integriert. Auch freiwillige Marken- oder Produktnennungen gelten aktuell als werbliche Inhalte, die per Gesetz zu kennzeichnen sind. Im Text befinden sich neben Markennennungen auch Affiliate Links, über deren Verkauf eine Provision an mich ausgeschüttet wird. Solltest du diese nicht nutzen wollen, bitte ich dich die Shops direkt aufzusuchen und deine Cookies zu löschen.
Swantje Bernsmann: Hey! Mein Name ist Swantje und ich bin Beautyjunkie, Instagram Heavy User und horte Augenbrauenstifte. Okay, eigentlich auch Bronzer, Haarprodukte und jeden soften Highlighter, den ich auftreiben kann. Ich like vor allem edgy Beautythemen, die mit einem Augenzwinkern geschrieben sind. Welcome to theOC!

View Comments (2)

  • Wenn Brands schwer zu kriegen sind, vergesse ich sie meist sehr schnell wieder, denn der Markt ist zu voll um solchen nachzulaufen. Aus dem Ausland importiere ich nur noch ganz selten was rein, weil einfach viel zu viele "Dekoobjekte" (Fehlkäufe) darunter gewesen sind, die den ganzen Aufwand niemals wert waren. Wenn vorher testen nicht geht, fällt man halt öfter mal auf die Nase, und deshalb hab' ich mir selbst ein 90%iges Onlineshopping-Verbot auferlegt. Was ich nicht schon mal live wo testen konnte, wird so gut wie nicht mehr gekauft ! Und da fahre ich schon mal nach Berlin und teste mich quer durch Amazingy, bevor ich die nächste (fette) Bestellung aufgebe <3 Berlin ist ja auch ne coole Stadt, nebenbei *lach*

    • Hi Vivien,

      danke für deinen Kommentar. Also bie mir funktioniert das mit der schlechten Verfügbarkeit leider genau andersherum. Gerade wenn ich eine Sache nicht direkt bestellen kann, will ich sie noch mehr, haha. Aber ich stimme dir zu: der Aufwand ist es in den wenigsten Fällen wert – leider. Dien Ansatz macht auf jeden Fall Sinn und wenn ich nicht so ein impulsiver Käufer wäre, würde ich es auch so machen :)