Lovetalk: Jetzt mal Tacheles!

Vor einiger Zeit wurde online die Frage zur Debatte gestellt, ob Frauen zu offen über ihre Körper und seine Funktionen sprechen würden. Meine Meinung dazu war klar: absolut nicht. Im Gegenteil. Doch obwohl ich meine Ansicht offen darstellte, gärte es in mir weiter. Zudem erreichten mich immer öfter Nachrichten. Bei Facebook. Bei Instagram. Bei WhatsApp. Es waren Reaktionen auf meine Kolumnen. Menschen, mit denen ich seit einer Ewigkeit nicht mehr gesprochen hatte, erklärten mir wie mutig und bewundernswert sie meine Art fänden über ‚unangenehme‘ Themen zu sprechen. Männliche Freunde reagierten erstaunt auf meinen Menstruationstext. Sie hätten die von mir beschriebenen Dinge noch nie so wahrgenommen. Weder ihre Mütter, ihre Schwestern noch ihre Freundinnen hätten diese Probleme jemals so offen dargestellt. Dazu kumulierten sich Fragen und Probleme, die in stillen Momenten zur Sprache kamen. „Ich habe seit eineinhalb Jahren keine Lust mehr auf Sex“, „Ich hatte seit drei Jahren gar keinen Sex.“ „Verpasse ich was?“ „Ich habe Schmerzen beim Sex.“ Ich könnte ewig so weiter machen. Jedes Mal war ich gerührt von dem Vertrauen, das mir entgegen gebracht wurde. Gleichzeitig war ich schockiert von der offensichtlichen Scham, die viele meiner Freunde immer noch gegenüber ihren Körpern und ihrer Sexualität empfinden. Wochen nach der Veröffentlichung des Artikels habe ich die unzähligen Gedanken, die mir durch den Kopf gegangen sind zu einem konkreten Entschluss gefasst: Ich möchte neben Beauty auch über Sex(ualität) und das ganze Paket schreiben. Ich musste meinen Vorschlag nicht einmal zu Ende formulieren, da fiel Swantje mir schon ins Wort: „Natürlich machst du das. Sofort.“

SEX ist ein allgegenwärtiges Thema. Brauchen wir wirklich noch ein Medium, das darüber schreibt? Sicher, es wird offen über alles mögliche gesprochen. Was ich in Frage stelle, ist das Wie. Vice konfrontiert einen auf wenig einfühlsame Art und Weise mit Themen, wie Annilingus, aka dem Arschlecken. Andere Titel erklären, wie ich mit Hilfe des Schleudergangs auf der Waschmaschine komme. Oder, wie ich ihn mit einer elektrischen Zahnbürste verwöhnen kann. Kein Scheiß. Das habe ich mir nicht ausgedacht. Leider. Hätte ich eine solch blühende Fantasie, wäre ich jetzt Bestsellerautorin und hätte mich zur Ruhe gesetzt. Vor diesem Hintergrund wundert mich eigentlich gar nichts mehr.

Freunde, wir reden nicht genügend miteinander. Das ist das Hauptproblem.

Ich bin keine Ärztin oder Sexualtherapeutin, noch die Aufklärungsbeauftragte vom Dienst. Ich bin die, die ihre Freunde unverzüglich zum Gyn oder Urologen schickt, wenn es brennt. Die, die nicht verurteilt, sondern zuhört. Eine, die laut im Restaurant Schwanzgeschichten erzählt. Das mag für viele ungewohnt, möglicherweise unangenehm sein. Für mich ist das normal. Während ich im Konfirmandenunterricht den 23. Psalm auswendig lernte, brachte mir meine Mutter Weisheiten bei, wie: Klein und dick Frauen Glück. Lang und Schmal Frauen Qual. Den Hirtenkram hatte ich zwei Wochen später wieder vergessen.

Ich wuchs mit meinen zwei Schwestern in einem Frauenhaushalt auf. Da wurde kein Blatt vor den Mund genommen. Es war ein tolerantes, herzliches, warmes Umfeld. Niemand musste sich hier für seinen Körper, seine Wünsche oder Gedanken schämen. Ich möchte einen ebensolchen Ort schaffen. Einen Platz für Fragen, Unsicherheiten, Aufreger und vor allem Lacher. Was ich mir wünsche? Einen offenen, lockeren Austausch von persönlichen Erfahrungen. Wer sich fragt, was das in einem Beauty Blogazine zu tun hat, dem antworte ich: einfach alles! Denn ein erfülltes Sexleben beginnt mit einem positiven Selbstbild. Und dafür steht The Original Copy seit dem ersten Tag. Außerdem machen Beauty und Sex richtig viel Spaß – noch eine Gemeinsamkeit. Ich würde sagen, wir probieren das einfach mal aus. Los geht’s am Sonntag. Ich freue mich drauf.